«View To Heaven», erschienen im heissen Sommer 68, ist das klassische Schweizer Sixties-Album. Es verfügt über eine Art Alleinstellungsmerkmal: Im Gegensatz zu den angloamerikanischen Vorbildern, die in den Sechzigern wahre Höhenflüge feierten und oft gleich mehrere LPs pro Jahr herausgaben, dürfte die gesamte Anzahl von Schweizer Pop-Alben aus den Sechzigern die Zahl 20 kaum übersteigen. Les Sauterelles aus Zürich brachten es auf zwei Studio-LPs. Beide waren auf der Höhe ihrer Zeit – und standen unter dem Einfluss der Beatles: Während das Debut von 1966 sich noch am Folkrock orientierte, war «View To Heaven» deutlich verspielter, auch der Drogeneinfluss liess sich nicht überhören. Pate gestanden hatten wiederum die Beatles, was sich auch optisch bemerkbar machte: Die Platte erschien im aufwändigen Klappcover, ein Poster lag bei – wie beim Weissen Album der Beatles. Solch teure Eskapaden, wie auch der Einsatz eines 11köpfigen Streichersatzes und Aufnahmesessions im damaligen «State of the Art»-Studio Bauer in Ludwigshafen konnten sich die Sauterelles nur leisten, weil sie potente Geschäftspartner eingespannt hatten. Finanziell hielt sich der Segen aber in Grenzen: Die Band erhielt gemäss Plattenvertrag lediglich 3% vom Engrospreis jeder verkauften Platte.
Befeuert wurde die Lancierung des Albums und eine dazugehörige Schweizer Tour mit 24 "Sommerpartys" durch den Erfolg der Single-Auskoppelung «Heavenly Club» – eine Nummer, die bis heute über einen grossen Wiedererkennungswert verfügt. „Well, well, well, that’s it, smashing!“, soll Animals-Sänger Eric Burdon geschwärmt haben, und selbst beim konservativen Schweizer Radio Beromünster zeigte man sich gnädig: „Ganz einfach eine Bombe“, kommentierte Christoph Schwegler, der die noch junge Radio-Hitparade moderierte. In der Schweiz hielt sich die Single ganze 13 Wochen in den Top Ten des Sponsors „Blick“, sechs davon auf Platz 1.In der Jahreshitparade 1968 von „Blick“ thronte «Heavenly Club» ebenfalls auf dem Spitzenplatz– vor Tom Jones’ «Delilah» und «Hey Jude» von den Beatles. Und das trotz der Tatsache, dass das Englisch von Gitarrist Rolf Antener, der auf «Heavenly Club» eine seiner raren Gesangseinlagen gab, die helvetischen Wurzeln des Sängers überdeutlich erkennen liess und sich der tiefere Sinn des Songtexts nicht wirklich erschloss. Offenbar ging es um eine Parodie aufs Zürcher Nachtclubleben, die unter Beizug von Sankt Petrus, der englischen Währung und hornblasenden Engeln umgesetzt wurde. Sei’s drum: Die Melodie ging ins Ohr und das Arrangement, mit Peter Rietmanns melodiösem McCartney-Bass, allerlei Streichern und ätherischen Chorgesängen traf den Zeitgeist. Die jungen Menschen von 1968 – jedenfalls diejenigen, die sich nicht gerade Strassenschlachten mit der Polizei lieferten – strebten nach Höherem und halfen dabei gerne mit bewusstseinserweiternden Substanzen wie LSD nach. Die Single «Heavenly Club» erschien in ganz Europa, in Japan und den USA, schaffte es in den Radio-Hitparaden des Südwestfunks und Hollands bis nach ganz oben und wurde selbst von der englischen Fachpresse als „The No. 1 Continental Hit!“ angekündigt.
Das Album konnte da nicht ganz mithalten: Zwar war «Dream Machine» ein veritabler Rock-Knaller, und mit «Montgolfier» machten die Sauterelles einen schön verspielten, erneut himmlischen Abstecher zu einer historischen Person, die auch von Donovan hätte stammen können. Es gab aber auch Dixie-Getröte und Klassik-Anleihen, die aus heutiger Perspektive ebenso aufgesetzt wirken, wie der üppige Einsatz von Cembalo, Streichorchester und Holzbläsern – insgesamt 29 verschiedene Instrumente wurden eingesetzt. Aber eben, das war der Zeitgeist, wie auch der Drang, nicht nur Songs aneinanderzureihen, sondern ein "Konzeptalbum" abzuliefern.
«View To Heaven» mag das definitive Schweizer Pop-Statement sein, mit Underground und 68er-Revolution hatte die Platte aber nichts zu tun. Die Sauterelles waren eine der wenigen Schweizer Profibands ihrer Zeit und tingelten als lebendige Jukebox. „Das Wesentliche liegt für uns heute in der genauen Kopie. Wir müssen den Sound treffen, den die Leute gerne hören“, gestand Bandleader Toni Vescoli in einem Zeitungsinterview von 1967 unumwunden. So waren die Abstecher zu Flower Power und Hippies nur eine Facette ihres real existierenden Musikeralltags. Daneben lieferten die "Swiss Beatles" ungeniert die Musik für einen Instruktionsfilm der Schweizer Armee und diskutierten eine Tournee durch Militärbasen in Südvietnam, die sich aber nicht konkretisierte (was nachträglich wohl niemand beklagt). Unmittelbar vor der LP-Veröffentlichung musste die Band wegen eines Armbruchs von Toni Vescoli zwei Monate Zwangspause einschieben, was die ohnehin angespannten finanziellen Verhältnisse zusätzlich belastete. Da kam es gerade gelegen, dass sich der Jazzpianist Little Fritz Trippel für eine Mitgliedschaft bei den Swiss Beatles interessierte und auch bereit war, einen "Vorschuss“ von 5000 Franken in die Bandkasse zu bezahlen. Trippel passte nicht nur optisch kaum zur Band, doch manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel.
Der Sauterelles-Höhenflug von 1968 dauerte nicht lange. Drummer Düde Dürst verkündete nach der Tournee seinen Ausstieg. Er plante mit Hardy Hepp eine neue Band, die ihr eigenes Ding abseits des Kommerzes durchziehen wollte: «Krokodil». Ende 1968 gaben die Sauterelles im Zürcher „Blow Up“, dem Club ihres einstigen Managers Hans-Ruedi Jaggi, ihre letzten Konzerte. Bandleader Toni Vescoli versuchte es noch mit einer neuen Sauterelles-Formation, doch bald hatte auch er genug. Im Mai 1970, nur einen Monat nach der Auflösung der Beatles, verkündete er per "Todesanzeige" das Ende ihrer von ihm bereits 1962 gegründeten Schweizer Filiale. Er plante eine Solokarriere als Singer-Songwriter.
Doch es gibt ein Leben nach dem Tod: Nach einigen temporären Reunions kristallierte sich 1993 eine definitive, "neue" Sauterelles-Formation mit den Originalmitgliedern Toni Vescoli, Düde Dürst, Freddy Mangili (Bass) und dem Gitarristen Peter Glanzmann (ehemals Trampolin) heraus. Seither sind die "Swiss Beatles" wieder permanent auf Achse. Die aktuelle Besetzung ist schon dreimal so lange zusammen wie es die originalen Sauterelles waren. Zum 55jährigen Bandjubiläum legen Les Sauterelles ihren Klassiker «View To Heaven» neu auf, auf Vinyl und im Originaldesign, das Poster inklusive – und als Bonus eine 4-Track-EP mit neuen Sauterelles-Songs. Offizielles Releasedatum war der „Record Store Day“ 2017.
„View To Heaven“ by Les Sauterelles is the classic Swiss Beat and Pop Psych album from the Sixties. There weren’t many Swiss pop LPs anyhow, only around a dozen were released at the time and sales remained modest. That’s one of the reasons, Swiss beat records from the period, like the Sevens’ classic garage/mod LP from 1966 on the Layola label, are real collector’s items nowadays.
1968’s “View To Heaven” was the second Sauterelles album, the untitled debut from 1966 had been a mix of folk pop, Dylan and some nice “garage” moments, like the cover of the Sorrows “No No No” or the selfwritten “Routine”. “View To Heaven” tried to be much more sophisticated and included brass and string arrangements and classical influences. It was obvious, that the “Swiss Beatles” were still hard on the heels of their Liverpool heroes. If their debut had been a Swiss “Rubber Soul”, “View To Heaven” was their “Sgt. Pepper” (Les Sauterelles had many Pepper songs in their live set) or maybe their “White Album” (but this one was released AFTER “View To Heaven”). In any case it featured a huge foldout pop art poster, that had been designed by drummer Düde Dürst – at least here the Swiss Beatles anticipated the real Beatles, who included also a foldout poster to their White Album.
Some of the songs on “View To Heaven” were standouts: “Montgolfier” was a song about an “early bird” (as bandleader Toni Vescoli sang) and “Dream Machine” was a catchy uptempo rock number. There were also some rather nervy fillers and comedy moments, clearly inspired by the Flower Power and Drug Culture of 1967. But the real moment of glory was the single “Heavenly Club”, that was quite a success all over Europe (it was also released in Japan and the USA!) and was played by the English pirate radios. In Switzerland the single climbed to number one in the Single charts and stayed there for several weeks – with kind support of the Swiss tabloid newspaper “Blick”, that was sponsoring the project. The album was released in the Summer of 1968 and a 24 date Summer tour through Switzerland followed the release.
German Decca wanted to push the release in their country, but at that time the band was already in the midst of a break up. There were musical differences. Drummer Düde Dürst quit to form a new band named Krokodil, that was bound for underground rock and blues, strictly not a commercial thing. The “original” Sauterelles played their last concert in December 1968. Singer Toni Vescoli tried to form a new line up, but the success was gone. In May 1970, just weeks after the Beatles had announced their split, Les Sauterelles disbanded. Vescoli went on to be a successful singer/songwriter and folk artist, singing in his Zurich dialect.
But Les Sauterelles returned: Since 1993 the Swiss Beatles are back on the road, playing in the same line up of Toni Vescoli, Düde Dürst, Freddy Mangili (bass) and Peter Glanzmann (guitar). In 2017 they released a straight re-release of “View To Heaven” on vinyl that included a bonus 4-track-EP with new Sauterelles songs. 2017 was the 55th birthday of the band but Les Sauterelles show no signs of fatigue. For 2018 they plan concerts in Switzerland and Hamburg, in Liverpool the band are regular “senior” stars of the Beatles Week.